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Restrukturierung - wenn alles wackelt

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Restrukturierung: Wenn alles wackelt - Erfolgsrezepte für den Mittelstand in stürmischen Zeiten. Interview mit und Fachartikel von Tobias Bobka im ERFOLG Magazin - Ausgabe März 2025

InterviewSchreckensszenario kommuniziert werden,sondern als Chance. Mitarbeiter müssensehen, dass es nicht nur um Einschnitte,sondern um eine neue Richtung geht – mitechten Möglichkeiten für sie selbst.Die zentrale Frage ist also nicht »Müssenwir die Mitarbeiter einbinden?«, sondern»Wie dumm wäre es, es nicht zu tun?«.Wer Restrukturierung gegen die Belegschaftdurchführt, fährt sein Unternehmenmit Ansage gegen die Wand! Wer esrichtig macht, kann aus einer Krise einneues Kapitel der Unternehmensgeschichteschreiben – mit einem Team, dashinter der Transformation steht.muss, ist ein fataler Irrtum! Wer Restrukturierungmit reinen Top-Down-Entscheidungendurchpeitscht, riskiert Widerstand,Frustration und vor allem eineVerschärfung der Krise.Restrukturierungen bedeuten Veränderung– und Veränderung löst immer Unsicherheitaus. Die Psychologie der Organisationsentwicklungzeigt klar, dassMitarbeiter nicht nur rationale, sondernvor allem emotionale Reaktionen aufWandel zeigen. Sobald sich das Gefühlverbreitet, dass die Belegschaft nur durchdie Maßnahmen geführt wird, entstehtMisstrauen. Und Misstrauen in Restrukturierungsprozessenist tödlich.Die Wahrheit ist: Mitarbeiter entscheidenüber Erfolg oder Scheitern jeder Restrukturierung– nicht das schönste Power-Point-Strategiepapier, nicht die cleverstenFinanzkennzahlen – sondern die Frage,ob die Menschen im Unternehmen denKurs mittragen oder sabotieren.Einige der größten Fehler inRestrukturierungsprozessen sind:Intransparenz: Wenn Führungskräfte versuchen,Entscheidungen hinter verschlossenenTüren zu treffen, dringen ohnehinGerüchte nach außen – und die sind meistschlimmer als die Realität. Mitarbeiter habenein feines Gespür für drohende Veränderungen.Wer nicht offen kommuniziert,sorgt für Angst und Widerstand.Sparmaßnahmen als einziges Narrativ:Restrukturierung bedeutet nicht nur Kostenreduktion,sondern vor allem Neuausrichtung.Wer Mitarbeiter nur mit Kürzungenund Entlassungen konfrontiert,erzeugt ein Klima der Unsicherheit undblockiert Innovationspotenziale.Ignorieren der informellen Führungskräfte:In jedem Unternehmen gibt esMitarbeiter, die über eine natürliche Autoritätverfügen, auch wenn sie keine offizielleFührungsrolle innehaben. Wer dieseSchlüsselpersonen nicht frühzeitig einbindet,riskiert interne Sabotage – bewusstoder unbewusst.Auf der anderen Seite gibt es klareErfolgsfaktoren:Radikale Transparenz: Die Mitarbeitendenmüssen verstehen, warum die Veränderungennotwendig sind. Dazu gehörtnicht nur das »Was« der Restrukturierung,sondern vor allem das »Warum«.Partizipation statt Duldung: Mitarbeiterwollen nicht nur informiert werden, siewollen mitgestalten. Wer frühzeitig Prozessezur Mitbestimmung integriert, kannwertvolle Ideen aus den Teams nutzen. Ofthaben diejenigen, die täglich in den Abläufenarbeiten, bessere Lösungen als externeBerater oder das Top-Management.Zukunftsperspektiven aufzeigen: Restrukturierungdarf bitte nicht als»Krisen sind keine Endstation,sondern ein Wendepunkt.«Tobias BobkaSeit 13 Jahren sind Sie als Restrukturierungsexperteauf C-Level aktiv. Gibt eseinen Glaubenssatz, an dem Sie sich beiIhrer Arbeit orientieren oder eine Erkenntnis,die Sie besonders geprägt hat?Einer der größten Irrtümer ist, dass Restrukturierungals Eingeständnis desScheiterns betrachtet wird. Das Gegenteilist der Fall: Die erfolgreichsten Unternehmerund Manager sind nicht diejenigen,die niemals in schwierige Situationengeraten, sondern diejenigen, dieKrisen frühzeitig erkennen und konsequenthandeln. In meiner Arbeit habe ichunzählige Unternehmen begleitet – vonMittelständlern bis hin zu Konzernen.Und die eine Erkenntnis, die mich immerwieder bestätigt, ist: Krisen sind keineEndstation, sondern ein Wendepunkt.Unternehmen, die in schwierige Phasengeraten, haben oft nur zwei Möglichkeiten:Entweder, Sie klammern sich an alteStrukturen und hoffen, dass sich derMarkt von selbst wieder reguliert – odersie nutzen die Situation als Weckruf, umgrundlegend neu zu denken.Restrukturierung bedeutet nicht nur,Kosten zu senken oder Defizite zu beseitigen– es bedeutet, das Unternehmen andie veränderten Marktbedingungen anzupassen,neue Wachstumsfelder zu erschließenund die eigene Organisationzukunftssicher aufzustellen. Wer das alsrein finanziellen Prozess betrachtet, verpasstdie größte Chance einer Krise: dieMöglichkeit, stärker, fokussierter und innovativeraus ihr hervorzugehen.Die besten Entscheider auf C-Level, dieich in den letzten 13 Jahren getroffenhabe, waren diejenigen, die den Mut hatten,sich ihren Problemen frühzeitig zustellen, unbequeme Entscheidungen zutreffen und Restrukturierung als strategischesInstrument zu nutzen – nicht alsletzte Notlösung. Veränderung ist unvermeidlich.Die Frage ist nur, ob man siegestaltet oder von ihr überrollt wird. ASBild: Alessandro Kühnl6www.erfolg-magazin.de . Ausgabe 34 . ERFOLG magazin

Erfolg10Tipps für eineerfolgreicheRestrukturierung:Bild: Tobias Bobka1.Frühwarnsystem aufsetzenNutzen Sie sowohl finanzielleKennzahlen (Cashflow, Verschuldungsgrad)als auch nicht-finanzielle Indikatoren(Mitarbeiterfluktuation, Innovationsgrad,Klumpenrisiko auf Kundenseite),um potenzielle Risiken zu erkennen. Eineregelmäßige Überprüfung verhindert, dassKrisen unbemerkt eskalieren.2.Krisen-Checkliste anwendenZiehen Sie systematische Toolshinzu, um ausbleibende Ergebnisseoder operative Schwachstellenfrühzeitig zu identifizieren. Eine geeigneteKrisenfrüherkennungs Checklistestellen wir Ihnen weiter unten im Dossierzur Verfügung.3.Geschäftsmodell kritischhinterfragenPrüfen Sie, ob Ihr ProduktundDienstleistungsportfolio noch dieBedürfnisse Ihrer Kunden stillt. WelcheLeistungen sind profitabel, welche sollteneingestellt werden? Eine klare Fokussierungauf zukunftsträchtige Segmentebildet das Fundament für IhrenRestrukturierungserfolg.4.Operative ProzesseverschlankenSichten Sie Ihre Abläufe aufEffizienz und Effektivität! Wo sind redundanteSchnittstellen, wo lassen sich Prozessedurch Digitalisierung vereinfachen?Gerade in Umbruchphasen ist eine klareProzessstruktur essenziell, um handlungsfähigzu bleiben.5.LiquiditätsmanagementprofessionalisierenEine engmaschige Finanz- undLiquiditätsplanung ist heute unverzichtbar.Arbeiten Sie mit rollierenden 13-Wochen-Plänen und verschiedenen Szenarien(pessimistisch, realistisch, optimistisch).Setzen Sie auch auf alternative Finanzierungswegewie Factoring oder Sale-and-Lease-Back, um Engpässe frühzeitig zuvermeiden. Außerdem empfiehlt es sich,Vertriebs- und Finanzabteilung intensiv zuverzahnen: So können Forderungsausfälleschneller erkannt und saisonale Absatzschwankungenbesser abgefangen werden.6.Topline ausbauenKonzentrieren Sie sich nichtausschließlich auf Kostensenkungen,sondern investieren Sie in einenleistungsstarken Vertrieb. Schulen SieIhr Team für eine kundenorientierte Anspracheim hybriden Verkauf, setzen Siemoderne CRM-Tools ein und prüfen Siedigitale Vertriebskanäle.7.Mitarbeitende einbindenEine erfolgreiche Restrukturierunglebt von der Akzeptanz derBelegschaft. Kommunizieren Sie offenüber Ziele und geplante Maßnahmen. BindenSie Schlüsselpersonen aktiv in Entscheidungsprozesseein, um Widerständenvorzubeugen und die Qualität der Umsetzungzu steigern. Ein klar strukturierterChange-Prozess und Ihr wichtiges ChangeLeadership Mindset fördert die Identifikationmit dem Neuausrichtungskurs.8.NachhaltigkeitsaspekteintegrierenDefinieren Sie klare ESG-Ziele,die Sie in Ihre Restrukturierungsstrategieeinbinden. Achten Sie auf ökologische,soziale und Governance-Aspekte, dadiese immer wichtiger für Kapitalgeberund Kunden werden. Nachhaltiges Wirtschaftenspart häufig auch Kosten, etwadurch Energieeffizienz und eine zielgerichteteRessourcennutzung.9.Externe Expertise nutzenGerade bei umfangreichenoder schwierigen Transformationsvorhabenist der Blick von außenwertvoll. Spezialisierte Restrukturierungsprofiskönnen vorhandenes Wissenim Unternehmen ergänzen und methodischeAnsätze beisteuern.10.Ergebnisse messen undnachjustierenRestrukturierung ist keineinmaliger Kraftakt, sondern ein kontinuierlicherProzess. Dafür eignet sichhervorragend die erfolgsbewährte OKR-Methodik zur agilen Strategieumsetzung.Legen Sie eindeutige Ziele fest,messen Sie deren Fortschritt fortlaufendtransparent und passen Sie den Kurs beiAbweichungen konsequent an.ERFOLG magazin . Ausgabe 34 . www.erfolg-magazin.de7

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